Gut aufgestellt für die Zukunft

Eine Reihe über Kompetenzen und Haltungen für ein sinnvolles Arbeiten und Leben in einer komplexen Welt

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Zunächst wünsche ich Ihnen allen ein frohes Neues Jahr 2024. In diesem Jahr wünsche ich insbesondere Zuversicht – und bin damit schon mitten in einer Grundhaltung, die für den Blick auf die Zukunft sehr brauchbar ist.

Doch zuvor verrate ich Ihnen, was Sie in dieser Reihe erwartet. Es geht um Zukunftskompetenzen, die uns helfen, mit Unsicherheiten und Undurchschaubarkeiten so umzugehen, dass wir uns dennoch als sinnvoll und wirksam erleben können. Doch bin ich nicht blinde Optimistin oder Vermeiderin von schlechten Gefühlen oder das Anerkennen unverrückbarer Realitäten – ganz im Gegenteil bin ich davon überzeugt, dass die Handlungsfähigkeit nur dann immer wieder hergestellt werden kann, wenn wir uns dem Unbequemen stellen, statt es zu ignorieren. Insofern können Sie gespannt sein auf Impulse, die auch etwas mit „Inner Work“ zu tun haben – also sozusagen ans „Eingemachte“, also gut Konservierte gehen, um so echte Transformationen zu ermöglichen.

Zunächst und als Basis dürfen Sie Impulse zum Umgang mit sich selbst erwarten. Dabei geht es um Emotionen, Werte, unsichtbare Bindungen und Haltungen.

In einem nächsten Teil widme ich mich dem Umgang mit anderen und wie wir als Begleiterin oder Berater etwas im Gegenüber aufspüren können und wie wir bei aller Klarheit und Unterbrechung ungünstiger Muster dennoch in Kontakt bleiben können.

Weiterhin geht es um den Umgang mit Komplexität im Allgemeinen, wie wir z.B. eine förderliche Kultur dafür kultivieren. Insbesondere vertiefe ich das Thema des Paradoxiemanagements.

Den Abschluss werden – auf der Basis des vorherigen – sowohl Haltungen als auch Interventionsimpulse für den praktischen Umgang mit den Herausforderungen der Zukunft bilden – wie wir also in Teams zu Lösungen kommen, die der Komplexität im Außen entsprechen.

Heute übersende ich Ihnen meine Wünsche der Zuversicht. Wie ich darauf komme? Als ich in meinem Umfeld in den letzten Tagen die im Netz kursierenden Neujahrsgedanken des Zukunftsforschers Matthias Horx (https://www.horx.com/118-was-kommt-2024/) mit positiven Gedanken weiterleitete, bekam ich teilweise Resonanzen, die mich aufhorchen ließen.

Horx schlug als Gegengewicht zu aktuell feststellbaren nahezu resignativen Äußerungen über den Selbst- und Weltbezug eine alternative Denkweise vor. Anhand von drei Beispielen aus Politik und Gesellschaft beschrieb er Optionen, wie es doch ganz anders – und zwar letztlich positiv weiter gehen könne. Für mich als systemisch-konstruktive Beraterin waren das Beispiele nach dem Motto „Hört auf zu bewerten“ oder „Alles ist im Prozess“ oder „Richtet Eure Aufmerksamkeit nicht nur auf das Negative – auf das, was Ohnmacht erzeugt“ oder eben „Es könnte auch anders sein als >man< gerade denkt.“

Die Resonanzen auf den Bericht waren hingegen teilweise sehr emotional:

  • Daran glaube ich nicht!
  • Ich bin pessimistisch im Hinblick auf die Zukunft!
  • Ich brauche hohe Widerstandskräfte, um das auszuhalten!
  • Ich konzentriere mich nur noch auf meinen kleinen privaten Raum.

Und da dachte ich das, was mir schon länger in der Alten- wie auch Jugendhilfe wiederholt durch den Kopf geht: Wir brauchen ein neues Normalitätsverständnis im Rahmen einer zuversichtlichen Haltung. Und das geht weder dadurch, dass ich mich durch die rasanten und unumkehrbaren Veränderungen herunterziehen lasse, noch dadurch, dass ich sie ignoriere und von mir wegschiebe. Zuversicht heißt, dass ich die Dinge, die sind, radikal akzeptiere – also die ausgetesteten Grenzen meines Handlungsspielraums deutlich annehme - und darin aktiv werde. Dieser Raum ist ein Unterschied machender Möglichkeitsraum.

Und das unterscheidet eben von solch billigen, scheinbar optimistischen Vertröstungen wie: Es wird schon alles besser – denk mal positiv! Es ist ja nur gerade besonders so, weil… Oder gar: Die Erlösung gibt es im Himmel!

Wesentlich ist es jedoch, sich von der Realität, die gespickt ist mit Hindernissen, nicht lähmen oder von ihr die Lebens- und Gestaltungsenergie rauben zu lassen!

Welcher Selbst- und Weltbezug gibt uns den – nicht getriebenen sondern in sich ruhenden – Antrieb gegen die Erstarrung und Ausblutung oder das Ausbrennen von Lebensenergie?

Ulrich Schnabel, der mir mit seinem Werk „Zuversicht“ aus dem Jahr 2018 - also noch von vor der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine – eine Basis zu dem Thema verschafft hat, nennt - festgemacht am Leben von Stephen Hawking - drei Elemente, die hilfreich sind für die Grundhaltung der Zuversicht:

  • Mein Sinn im Leben. Wofür lebe ich? Was ist meine Leidenschaft – die bisweilen auch Leiden schafft, mich aber dazu aufruft, meinen Teil in diese Welt hineinzubringen. Was ist mein „Wozu?“ im Leben, welches mich, wie Nietzsche sagt, fast jedes „Wie“ ertragen lässt? (vgl. https://www.andrea-hoetger.de/blog/53-sinnieren-ueber-sinn)
  • Humor ist auf der Handlungsebene der Weg zur Transformation. In meinem Buch „Mut zu Inner Work“ (https://amzn.eu/d/hAUILZN)beschreibe ich Humor am Pol der Handlung als wesentlich für das Loslassen von Machbarkeitsvorstellungen. Lassen Sie uns über uns selbst lachen! Lachen befreit von überdimensionierten Ansprüchen und Bildern von uns selbst. Das, was uns gerade stört oder behindert, ist nicht alles im Leben. Humor, so die Theorie des Widerstands – ist die gesündeste Form der Abwehr. Sie lässt die Realität durch und modifiziert sie in einen anderen Rahmen, der uns die Realität verdaubar macht.
  • Liebe und Beziehung. Unsere Lebensenergie bekommen wir durch die Resonanzen, das zugewandte Echo in der Welt. Diese können wir nur erfahren, wenn wir im entspannten Modus uns öffnen und berühren lassen von uns selbst, unseren Nächsten und dem, was uns umgibt. Schaffen wir uns Räume für echte Antwortbeziehungen, in denen etwas hin und her geht. In dem wir die Verbundenheit spüren, nach der wir uns alle in unserem Autonomiebestreben sehnen. Im Modus des radikalen Schützens können wir auch die nährenden Resonanzen nicht mehr empfangen.

Ein solcher Bezug zu mir selbst, in dem ich mich gleichzeitig als wirksames und verletzliches Wesen erlebe – und ein Bezug zur Welt, der mich weder zu Machbarkeitsideen noch zu Resignation und Rückzug verleitet, das ist die Zuversicht, von der ich hier spreche. Sinn gestalten, lachen und lieben – das sind meine Wegweiser für die Zukunft, eine hilfreiche Aufmerksamkeitsfokussierung - mit hoffentlich ansteckender Wirkung.